VR∙Nerds

Stirbt die Oculus Rift?

Viel Spaß!

2016 war ein gutes Jahr für Virtual Reality. Zwar mag VR noch nicht völlig durchgestartet sein, denn es gab weder einen absoluten Durchbruch, noch die lang ersehnte Killer-App. Aber die Zahlen sprechen für sich. Nicht nur VR Nerds konnte sich breiter aufstellen, auch sollen laut des US-Marktforschungsunternehmens Super Data 2016 weltweit insgesamt 6,3 Millionen Virtual Reality Headsets verkauft worden sein.

Der Großteil – immerhin 4,5 Millionen Einheiten – fällt dabei auf die Samsung Gear VR. Platz Zwei belegt Sonys Playstation VR Headset mit 750.000 verkauften Geräten. Platz Drei sichert sich die HTC Vive mit 420.000 verkaufte Einheiten und Google kann sich mit 260.000 verkauften Google Daydreams über den vierten Platz freuen. Das Schlusslicht bildet die Oculus Rift mit 240.000 Einheiten.

Schlusslicht Oculus Rift

Das ist eine bittere Pille, welche Oculus da gerade schlucken muss. Der einstige Vorreiter von VR, das Unternehmen, das das Thema überhaupt erst aus seiner Leichenstarre zu erwecken vermochte, liegt in den reinen Verkaufszahlen völlig abgeschlagen auf dem letzten Platz. Als wäre dies nicht genug, häufen sich die Probleme rund um die Entwicklerfirma geradezu. Nicht nur wurde bekannt, dass die Oculus Rift Sensoren wie eine Webcam gehackt werden können, auch leiden einige Nutzer unter vermehrten Tracking-Problemen ihres Headsets. Und auch auf der wirtschaftlichen Seite steht es für Oculus nicht gerade zum Besten. Erst kürzlich unterlag das Unternehmen teilweise einem Rechtsstreit mit ZeniMax und die amerikanische Kette Best Buy schließt zahlreiche Anspielstationen, da schlicht keine Nachfrage besteht.

Bedeutet das nun das Aus für die Rift? Nein. Oculus kann sich dank der Übernahme durch Facebook auf die Sicherheit eines Geldgebers verlassen, der auf beinahe unbegrenzte finanzielle Ressourcen zurückgreifen kann. Bekanntlich ist auch Mark Zuckerberg ein großer Fan der virtuellen Realität und glaubt weiterhin fest an deren Erfolg. Nicht umsonst steht auch bei Facebook alles im Zeichen der Virtual Reality. 360-Grad-Videos und Bilder sind mittlerweile auch auf dem größten sozialen Netzwerk der Welt zu einer Alltäglichkeit geworden. Dennoch existiert noch lange keine VR-Variante von Facebook, welche Zuckerberg laut eigenen Aussagen jedoch anstrebt. Der Platz von sozialen Plattformen in VR wird bisher von verschiedenen Softwareherstellern gefüllt, welche in der Regel jedoch multiplattform und nicht Rift-Exklusiv sind.

Wo steht die Rift?

Die Rift hat es schwer auf dem Markt. Wer die hochwertigste VR-Erfahrung erleben möchte, der greift zur HTC Vive – welche zudem auch für Unternehmen immer interessanter wird. Wer auf dem Sofa sitzen und VR-Spiele genießen möchte, der nimmt mit der günstigeren Playstation VR vorlieb. Die darüberhinaus mit Resident Evil 7 einen richtigen Systemseller vorzuweisen hat. Und für eine kurze VR-Erfahrung zwischendurch ist die Gear VR perfekt geeignet- Zudem ist sie, dank ihres niedrigen Einstiegspreises, der perfekte Einstieg in VR.

Die Rift selbst sitzt hier zwischen den Stühlen. Sie kann weder das Raumtracking der HTC Vive anbieten, noch mit dem Preis der Playstation VR konkurrieren. Mit den Oculus-Touch-Controllern versucht das Unternehmen nun zwar eine immersivere Steuerung an den Mann zu bringen. Doch zum einen war die Vive hier auch schon früher da, zum anderen spielen manche Menschen noch immer lieber mit einem Gamepad. Die Rift wird ebenso wenig wie die Vive dazu geeignet sein, stundenlang durch Dungeons zu ziehen und Monster zu bekämpfen. Und das hat einen einfachen Grund: Es ist anstrengend. Es ist anstrengend ein Schwert zu halten und sich mit diesem den Angriffen finsterer Schurken zu erwehren. Diese Art von Spiel ist für viele Spieler ein nettes Gimmick, welches sich in der Praxis jedoch kaum durchsetzen wird. Und während die HTC Vive dank des Raumtrackings auch für Unternehmen interessant bleibt, liegt die Rift auch hier abgeschlagen zurück.

Das Vermächtnis

Die Rift trägt zwar das Vermächtnis VR wiederbelebt zu haben. Doch mittlerweile haben sich auch andere des neuen Kindes angenommen und verstehen ihre Kundschaft zuweilen besser. Kein Wunder, denn hinter der Vive steht Steam und hinter der Playstation VR das gigantische Unternehmen Sony. Oculus kann kaum auf solch ein Know-How zurückgreifen und auch Facebook hat wenig Erfahrung darin, dem Konsumenten etwas zu verkaufen.

Die Oculus Rift wird jedoch nicht sterben. Allein schon nicht, weil Facebook alles versuchen wird aus VR kein Minusgeschäft werden zu lassen. In der virtuellen Realität steckt ein riesiges Potential, welches die anderen Anbieter bisher einfach besser für ihre Zielgruppe nutzen konnten. Hier muss Oculus noch nachbessern – sie brauchen eine schärfere Vorstellung ihrer Nutzergruppe und Anwendungen, die die Wünsche der Nutzergruppe erfüllen. Wenn ihnen das gelingt, könnte sich die Oculus Rift wieder an die Spitze kämpfen.