Tower Tag auf Steam

Es begann vor 35 Jahren. Im Jahr 1982 schickte das ZDF zum ersten Mal eine der erfolgreichsten deutschen Fernsehreihen über die Bildschirme der Bundesrepublik: Terra X. Seitdem nimmt die Dokumentationsreihe jeden Sonntag zwischen vier und fünf Millionen Zuschauer mit auf turbulente Reisen ins Weltall, lässt sie das Publikum auf den Spuren exotischer Tiere im tiefsten Amazonas wandeln oder das Burgleben im Mittelalter hautnah erleben. Neugierde und ein interessierter Blick auf die Geheimnisse unserer Welt, das zeichnet die wöchentlichen Dokumentationen aus.

Terra X Sendungen sollen aber nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch unterhaltsam und abwechslungsreich sein. Deshalb sind nicht selten prominente Moderatoren wie Dirk Steffens, Harald Lesch oder Prof. Christopher Clark, die Begleiter auf den Reisen rund um den Globus oder auf dem Trip in die Vergangenheit. Ein weiteres Merkmal, für das die öffentlich-rechtliche Sendereihe bekannt ist: Terra X ging schon jeher mit der Zeit. Und wusste neue Technologien stets richtig einzusetzen.

Vorreiter im Bereich Virtual Reality

Diesem Innovationsantrieb ist es sicherlich auch zu verdanken, dass sich das Terra X Team als eines der ersten deutschen Fernsehformate, an das Thema Virtual Reality wagte. “VR ist daher sozusagen ein Traum, der für uns wahr wird”, sagt Friederike Haedecke, stellvertretende Terra X Redaktionsleiterin. “Endlich können wir die Zuschauer bzw. User ganz in die Handlung miteinbeziehen und so mit fast allen Sinnen in ferne Jahrhunderte oder an exotische Plätze mitnehmen”. Virtual Reality, dass bedeutet, nicht mehr nur am Bildschirm zu zeigen, was passiert oder geschehen ist, sondern den Zuschauer direkt mitfühlen lassen. Und die Möglichkeit zu schaffen, dass er in das Geschehen eintauchen kann.

Und wenn das Terra X Team Virtual Reality umsetzt, dann wird nicht nur Wissen vermittelt, es darf auch gerne mal richtig spektakulär sein. Das Ergebnis des ersten VR-Projektes war ein Vulkan, der in einem 360-Grad-Video Lava spuckt. Zudem den Zuschauer bei dem interaktiven Erlebnis sogar ins Weltall entführt. Kein Wunder, dass der VR-Film mit einer halben Millionen Views, das erfolgreichste Terra-X-Video bei Youtube wurde, eine Nominierung für den Webaward bekam und den Golden Panda Award 2016 gewann. “Eine große Herausforderung waren die Partikelsimulationen”, sagt Maria Courtial, ihres Zeichens Producerin der VR-Projekte. “Die ausgeworfenen Brocken des Vulkans flogen nicht irgendwann aus dem Bildausschnitt, sondern schlugen sichtbar hinter dem Zuschauer ein.” Solche Simulationen seien extrem zeitaufwendig und können schon einmal mehrere Tage Produktionszeit verschlingen.

Leben oder Tod im alten Rom

Die reichliche Erfahrung, die das Terra X Team mit der Produktion ihres VR-Vulkans machte, sollte aber sicherlich nicht umsonst sein. Denn das Wissen floss relativ schnell in das nächste große VR-Projekt. Diesmal nahm Terra X den Zuschauer mit auf eine Reise in das alte Rom, in dem Kaiser Titus einige Jahrzehnte nach Christus über das antike Reich herrschte. Und sich zur persönlichen Unterhaltung Gladiatorenkämpfe im berühmten Kolosseum ansah. Selbstverständlich ist der Zuschauer dank VR mittendrin im 360-Grad-Geschehen. “Den Schwerpunkt des Films bilden zehn Minuten im Leben zweier Gladiatoren”, erklärt der Regisseur Jörg Courtial. “Während im ersten Teil die Männer angestachelt vom Grölen der Masse um ihr Leben kämpfen, wechselt man im zweiten Part auf die Tribüne zu Kaiser Titus, der über das Schicksal des Unterlegenen entscheidet.”

Die Geschichte wird durch das persönliche Erleben im virtuellen Raum noch ungleich dramatischer und spannender als in einer Fernsehdokumentation, meint der Redakteur Sebastian Scherrer. Dabei wurde kein Produktionsaufwand gescheut. Der Etat lag bei diesem Projekt wohl weit über dem, was üblicherweise für ein Webvideo ausgegeben wird. Aber das sieht man auch. Denn nicht zuletzt wurde das Kolosseum mit genauester Recherche und unter Mithilfe eines Fachberaters am Computer rekonstruiert.Faber-Courtial-Terra-X-VR-Dokumentation

Um die maximale Nähe des Zuschauers gegenüber dem Schauspieler zu erreichen, wurde ein Kamerasystem entwickelt, das die menschliche Wahrnehmung imitiert. Das unmittelbare Erlebnis im VR-Raum wird darüber hinaus durch den Sprecher Dietmar Wunder (deutsche Stimme von „James Bond“ Daniel Craig) unterstützt. Er führt den Betrachter per direkter Ansprache aus dem Off. Außerdem wurde jede Dialogzeile zusätzlich durch den renommierten Althistoriker Prof. Werner Dahlheim durchgesehen und abgenommen – damit man auch möglichst historisch genau ist. “Geschichtsbilder sind einem permanenten Wandel unterworfen”, sagt Sebastian Scherrer. “Jede historische Rekonstruktion ist eine größtmögliche Annäherung an eine vergangene Realität. Das gilt auch für die Bilder, die wir in unseren Projekten erschaffen.”

Schicksalsjahre für die Entwicklung von VR

Zwei Drehtage filmte das Team in einer Reithalle die Gladiatorenkämpfe – denn die Darsteller benötigten zum Kampf mit den nackten Füßen Sandboden. Wobei ein besonders großer Greenscreen gebaut wurde, damit ein sehr weiter Bewegungsradius gefilmt werden konnte.Faber_Courtial-Terra-X-VR-Dokumentation Außerdem gab es zahlreiche weitere technische Lösungen für verschiedene Probleme zu finden. Darunter befanden sich Fragen wie: „Wie steuere ich den Blick des Betrachters? Wird der Zuschauer den Film im Sitzen oder im Stehen ansehen?“ “All das, was im klassischen Film keinerlei Relevanz hat, stellt im VR-Film eine dramaturgische Herausforderung dar”, sagt der Regisseur Jörg Courtial.

“Für uns ist es aber wichtig, dass wir die Technik nicht allein um ihrer selbst willen nutzen”, meint wiederum Kirsten Bode, die Projektleiterin von Terra X Online. Man kann ihr recht geben, denn das Ergebnis ist sicherlich ein genauso mitreisendes wie beeindruckendes VR-Erlebnis. “VR ist unserer Meinung nach ein großartiges Medium, um im Bildungsbereich eingesetzt zu werden”, meint die stellvertretende Redaktionsleiterin Friederike Haedecke. Virtual Reality sei immerhin ein spielerischer aber oft auch hoch emotionaler Ansatz, um Informationen zu vermitteln.

“Uns stehen Schicksalsjahre für die weitere Entwicklung von VR ins Haus”, glaubt der VR-Fan Sebastian Scherrer. Seine Lieblings-VR-Anwendung ist Elite: Dangerous. Mit Spannung erwartet er die zweite Generation der Headsets von Oculus und HTC. “Ich hoffe, dass die Geräte noch alltagstauglicher, günstiger und bequemer werden”, sagt Scherrer. “Ist die kritische Masse erstmal erreicht, dann sehe ich eine großartige Zukunft für Geschichtsvermittlung in VR.”; Weitere Virtual-Reality-Projekte von Terra X sind jedenfalls schon geplant.

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