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Tower Tag auf Steam

Ich habe heute Spiegelei gefrühstückt, dafür waren lediglich eine mit Teflon beschichtete Pfanne und ein Ei nötig, noch ein wenig Fett für den Geschmack und fertig war ein schmackhaftes proetinreiches Mahl. Ein schlechtes Gewissen hatte ich dabei nicht, wieso sollte ich auch? Das Ei kam aus Freilandhaltung und die Butter gewiss von glücklichen Kühen. Der Teufel steckt hier an anderer Stelle, das Polytetrafluorethylen, oder schlicht Teflon, welches hauchdünn auf der Pfanne aufgetragen, das Gargut vor dem Anbrennen schützt, ist der moralisch bedenkliche Teil.

Mehr durch Zufall hat der Forscher Roy Plunkett, der eigentlich auf der Suche nach neuen Kältemitteln für Kühlschränke war, im Jahr 1939 dieses Material entdeckt und ein Verfahren zu dessen Herstellung entwickelt. Aufgrund der enormen Produktionskosten war an eine zivile kommerzielle Nutzung zunächst nicht zu denken, erst 1943 fand sich die erste Anwendungsmöglichkeit, und zwar im Rahmen des Manhattan-Projects, dem Projekt zur Entwicklung der Atombombe. Die Nutzung im Manhattan-Project war es, die den vielfältigen Nutzen des Teflons offenbarte und der schlussendlich zur Entwicklung Teflonpfanne in meiner Küche führte. Schmeckt das Ei deswegen nun anders?

Vor ein ähnliches moralisches Dilemma wurden die Kickstartsupporter von Oculus VR bereits gestellt als Facebook das Unternehmen aufkaufte. Ein Aufschrei der Empörung schoss durchs Internet, enttäuschte Spender fühlten sich hintergangen und fürchteten, dass die Entwicklung des Oculus Rift in Zukunft eine falsche Richtung nehmen würde. Die Entstehung des spöttisch als Facebookulus benannten VR-Monsters, war eine Zäsur in der Betrachtungsweise von Crowdfunding im Allgemeinen und dem Oculus Rift im speziellen – das Oculus Rift hatte damit seine Unschuld verloren. Der Anschein der demokratischen VR-Brille die ausschließlich von Fans finanziert wurde, hatte zwar bereits zu diesem Zeitpunkt, wegen des Einsteigens von Investoren die sehr wohl einen finanziellen Nutzen aus dem VR-Headset ziehen wollten,  keine Gültigkeit mehr, aber im Kopf der Fans war es erst der Kauf durch Facebook, der das virtuelle Fass zum ganz realen Überlaufen brachte. Nicht Wenige forderten gesetzliche Regelungen für das Crowdfunding, damit so etwas nicht wieder passieren konnte, wobei ironischerweise erst in jüngster Vergangenheit die amerikanische Obama-Regierung, auch auf den Wunsch der Öffentlichkeit hin, das Crowdfunding mit dem JOBS-Act überhaupt erst ermöglichte.

Als wenig später bekannt wurde, dass sowohl die norwegische Armee als auch das britische Militär mit dem Oculus Rift experimentierten, sahen viele ihre ärgsten Befürchtungen bestätigt. Eine militärische Nutzung des durch private Spenden finanzierten Oculus machte viele Spender wütend und die kaum abgeebbte Welle allgemeiner Empörung brach mit neuer Kraft los.  Mangels Möglichkeit einer tatsächlichen Einflussnahme entsprach die Empörung jedoch dem sprichwörtlichen Sturm im Wasserglas, die Gemüter beruhigten sich, die allgemeine Euphorie gegenüber der neuen VR-Technologie gewann wieder überhand und die Aufregung war vergessen.

Mittlerweile gibt es wieder einige aktuelle Meldungen zu einer möglichen Zusammenarbeit von Militär und Facebook. Diese waren bis jetzt jedoch nicht annähernd in der Lage einen ähnlichen Entrüstungssturm zu entfachen – Oculus Rift-Fans sind anscheinend in der harschen Realität des internationalen Investmentmarktes angekommen.  Neben Briten und Norwegern ist natürlich auch das US-amerikanische Militär an einer Nutzbarmachung von VR-Technologie interessiert. Die dem amerikanischen Verteidigungsministerium untergeordnete Regierungsorganisation DARPA, wurde gegründet als die Sowjetunion den Satelliten Sputnik ins All schoss und die Vereinigten Staaten realisierten, dass sie im Begriff waren das Wettrennen in den Weltraum zu verlieren. DARPA sollte verhindern, dass die USA auf technologischem Gebiet nochmals so überrumpelt werden und entwickelte sich zum privaten Thinktank des US-Militärs. Als Grundsteinleger des Internets und Vorreiter in Netzwerktechnologie, beschäftigt sich DARPA bereits seit längerer Zeit mit eigenen VR-Projekten und wurden so auch auf das Oculus Rift aufmerksam. Um der Gefahr künftiger Cyberangriffe entgegenzutreten will DARPA das Internet als immersive VR-Umgebung nachbilden. Die derzeit als Plan X bezeichnete Internetsimulation würde Cyberkriegern ermöglichen, auf virtuellem Weg durch die Codezeilen des Internets zu laufen, um so ein besseres Gespür für Angriffe zu entwickeln. Darüber hinaus denkt DARPA auch daran das Oculus Rift künftig auch auf realen Schlachtfeldern einzusetzen. Diesbezüglich wird jedoch eher an eine medizinische Anwendung gedacht.

Teure Einkäufe von Facebook

Für Facebook wäre ein solcher Regierungsauftrag ein wahrer Segen, denn das Unternehmen hat seine Portokasse in diesem Jahr durch diverse Firmenkäufe stark angegriffen und ein nachhaltiges Konzept aus den hohen Nutzerzahlen Geld zu machen ist jedoch weiterhin nicht ersichtlich. Die Kaufsumme von 2 Mrd Dollar für Oculus VR entspricht, angesichts der knapp 20 Mrd Dollar die Zuckerberg bereitwillig für Whatsapp bezahlte, geradezu den berühmten Peanuts. Letzteres ein Rekordtransfer der IT-Branche, dessen Umfang den prognostizierten Umsatz des gekauften Unternehmens beinahe um das 20-fache überstieg. Ein Deal der Whatsapp-Usern sauer aufstieß  und viele zum wechseln auf einen anderen Instantmessenger hätte bewegen können, wenn die Konkurrenz wie Threema nicht geschlafen hätte. Die teuren Einkäufe von Facebook bleiben auch am Aktienmarkt nicht unbemerkt, auch wenn die Aktie von Facebook seit Emission deutlich zugelegt hat, wurde das Papier von Analysten kritisch beäugt, der Kauf von Whatsapp brachte sofort nach Bekanntgabe die Aktie unter Druck und liess das Papier ins Minus rutschen. Zunächst als reines Fanpapier verschrien, fand die Facebook-Aktie dennoch, auch auf Druck der Kunden, Einzug in die Portfolios. Viele Analysten sprangen auf den Zug mit auf und verstärkten den Effekt noch, was dazu führt, dass die Aktie erneut stieg und jetzt in der Fundamentalanalyse gut dasteht. Der positive Trend ist jedoch nach Meinung einiger Spekulanten, hauptsächlich aus sich selbst entstanden und nicht von einem wirklich vorhandenen Unternehmenswert unterlegt, die Aktie ist folglich stärker als andere Werte der allgemeinen Sympathie und der Nachfrage von Kleinanlegern ausgeliefert.

Der Kauf eines Hardwareunternehmens wie Oculus VR ist daher hauptsächlich finanzstrategischer Natur, Facebook als Unternehmen versucht sich zu diversifizieren und mit neuen Produkten schnell neue Märkte zu erschließen um so einen dauerhaften Kapitalfluss zu sichern. Profit aus dem Kauf von Oculus VR wird Facebook, zumindest auf dem zivilen und kommerziellen Sektor, mittelfristig allerdings nicht erzielen können, da die für den Verkauf an Endkunden bestimmte Version erst in der Mitte des nächsten Jahres erscheint und dann zunächst seine Entwicklungskosten wieder einbringen muss. Da Facebook jedoch zur Stützung seines Aktienkurses Geld benötigt, ist der Militärsektor für sie sehr interessant, denn staatliche Aufträge sind lukrativ, meist langfristiger Natur und zumindest in den meisten Ländern ist die Bezahlung tatsächlich sicher.

Im Bestreben das Oculus Rift auch auf dem Rüstungsmarkt zu verkaufen geht der Konzern nun neue Wege. Die ITEC ist eine der größten Messen der Rüstungsindustrie überhaupt. In der Ausstellerliste sind Rüstungsunternehmen wie die Rheinmetall AG oder Lockheed Martin Dauergäste. Für das kommende Jahr hat sich ein neuer Aussteller angekündigt – Oculus VR wird am Stand G130 zu finden sein.

Die Tatsache, dass das Oculus Rift künftig aktiv auf dem Militärmarkt beworben werden soll, wird weder das Ansehen von Facebook in der Öffentlichkeit verbessern, noch von Oculus VR verspielte Sympathien wütender Spender zurückgewinnen, denn seit dem Börsengang von Facebook ist das Unternehmen in erster Linie seinen Aktionären verpflichtet – einige lukrative Rüstungsaufträge würden diesen mit Sicherheit gefallen. Wenn sich Nutzer allerdings durch ein solches Verhalten des Konzerns abschrecken ließen, könnte Facebook auf lange Sichte die Basis ihres Erfolges, nämliche die breite Nutzerbasis wegbrechen. Ob sich Nutzer oder Käufer von Facebook hiervon jedoch beeinflussen lassen, darf angezweifelt werden. Das Frühstücksei schmeckt vielleicht wegen des Teflons ein wenig bitter, mein letztes wird es trotzdem nicht sein.

 

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